Notaranderkonto
Die meisten Bundesbürger, so meine Erfahrung, sind der Auffassung, dass bei jedem Kaufvertrag
über eine Immobilie ein Notaranderkonto anzulegen ist und der Notar die Aufgabe hat, die Abwicklung der Kaufpreiszahlung über ein von ihm anzulegendes Treuhandkonto durchzuführen.
Im Hintergrund schwebt immer der Gedanke mit, dass die Kaufpreiszahlung über ein von dem Notar anzulegendes Notaranderkonto die sicherste Abwicklung des Kaufvertrages darstellt.
1.0
Ein Notar darf Gelder zur Verwahrung auf einem Notaranderkonto nur dann annehmen, wenn dafür ein berechtigtes Sicherungsinteresse aller an dem Kaufvertrag Beteiligten objektiv gegeben ist.
Auch wenn die Vertragsparteien es wünschen, dass der Notar ein Notaranderkonto anlegen soll,
ist diesem Wunsch nicht zu entsprechen, denn subjektive Wünsche bleiben bei der Prüfung, ob ein berechtigtes Sicherungsinteresse gegeben ist, unberücksichtigt. Der Wunsch der Vertragsbeteiligten ist in diesem Falle abzulehnen.
2.0
Zur Anlage eines Notaranderkontos ist ein Notar grundsätzlich auch nicht verpflichtet.
Anders verhält es sich mit der Übernahme des Auftrages der Beteiligten zur Beurkundung eines Kaufvertrages über eine Immobilie.
3.0
Viele Bürger sind weiter der Auffassung, dass bei einem Kaufvertrag über ein Grundstück oder über eine Eigentumswohnung
auf jeden Fall die Abwicklung über ein Notaranderkonto vorzunehmen ist, da nach ihrer Auffassung bei beiden Vertragsparteien ein gewisses Vorleistungsrisiko bestehen würde.
Würde man dieser Auffassung folgen, wäre quasi bei jedem Kaufvertrag über eine Immobilie ein Notaranderkonto anzulegen.
Dies wäre aber ein Widerspruch zu dem vom Gesetz bestimmten Erfordernis des Vorliegens eines berechtigten Sicherungsinteresses.
4.0 Ablösung von Belastungen
In den allermeisten Fällen kann eine Abwicklung für beide Vertragsparteien vertragssicher ohne die Anlage eines Notaranderkontos erfolgen.
Dies gilt insbesondere auch für den Fall, dass Teile des Kaufpreises vom Verkäufer / Eigentümer benötigt werden, um im Grundbuch eingetragene Belastungen,
wie Grundschulden und Hypotheken, zur Löschung zu bringen. In der Regel ist der Verkäufer verpflichtet, alle im Grundbuch in Abteilung III eingetragenen Belastungen,
wie insbesondere Grundschulden und Hypotheken zur Löschung zu bringen. Eine Ausnahme wäre nur der Fall, dass der Käufer Belastungen im Grundbuch unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernimmt. Dies ist aber nicht die Regel, zumal der Verkäufer schon per Gesetz zur lastenfreien Übertragung der Immobilie verpflichtet ist (§ 435 BGB).
Der Notar holt bei den Gläubigern der Belastungen - in der Regel Banken und Sparkassen - die Löschungsbewilligung in notarieller Form ein,
damit eine Löschung im Grundbuch erfolgen kann. Die Löschung dieser Belastungen erfolgt dann in den meisten Fällen anlässlich der Eigentumsumschreibung auf den Käufer im Grundbuch.
Für den Fall, dass die Gläubiger noch Forderungen gegen den Verkäufer / Eigentümer aus den zugrundeliegenden Kredit- / Darlehensverträgen haben, übersenden diese dem Notar
die Löschungsdokumente mit der Treuhandauflage, nur darüber verfügen zu dürfen, wenn der noch offene Betrag an die Gläubiger gezahlt wird.
Bei Vorliegen sämtlicher Fälligkeitsvoraussetzungen wird der Käufer angewiesen, aus seiner Kaufpreisschuld den Betrag an die Gläubiger
und den Differenzbetrag zum Kaufpreis direkt auf das Konto des Verkäufers zu zahlen.
Bei dieser vorgenannten Konstellation ist eine vertragssichere Abwicklung im Interesse beider Vertragsparteien gegeben.